Montag, 14. Mai 2007

Rocky Balboa


Mit Rocky I hat Sylvester Stallone vor 30 Jahren seinen großen Durchbruch in Hollywood geschafft. Der Film war nicht nur an den Kinokassen ein unerwartet großer Erfolg, sondern wurde nebenbei auch für zehn Oscars nominiert und gewann davon drei. Die ersten drei Fortsetzungen waren auch sehr große Erfolge und genießen heute Kultstatus aber mit dem fünften Teil, hat das Erfolgsduo Avildsen (Regisseur) und Stallone (Drehbuch und Hauptdarsteller) die größte Underdoggeschichte unserer Zeit unwürdig zu Grabe getragen. 16 Jahre hat es gedauert, bis Sylvester Stallone es durch einen enormen Kraftakt geschafft hat, den Kreis der Saga zu schließen. In den letzen zehn Jahren seiner Karriere hat sich Sylvester Stallone nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Bis auf Mission 3D von Robert Rodriguez, waren seine Film reines Kassengift und erschienen oft nur auf DVD. Dass vor über einem Jahr 20th Century Fox große Bedenken hatte, einem abgehalftertem Actionstar 24 Mio. US-Dollar Budget zur Verfügung zu stellen, damit er sich sein Herzensprojekt erfüllen kann, kann man objektiv betrachtet ganz gut nachvollziehen. Im nachhinein kann man den Bossen von 20 Fox nur dankbar sein, dass sie den Mut hatten dieses Projekt zu unterstützen. Nicht nur die Kritiken sind überraschend positiv ausgefallen, sondern auch die Einspielergebnisse an den Kinokassen. In Rocky Balboa hat Sylvester Stallone das Drehbuch geschrieben, Regie geführt und natürlich die Hauptrolle gespielt. Man merkt Stallone an, dass er menschlich und schauspielerisch gereift ist. Er spielt Rocky nicht nur, sondern verkörpert diese Figur mit Leib und Seele. Er ist dieser leicht naive und unbeholfene Junge von nebenan. Ein großer Teddy-Bär, den man am liebsten zum besten Freund hätte. Die Story ist simpel aber funktioniert hervorragend. Nach dem Tod seiner Frau Adrian verbringt der ehemalige Box-Champion Rocky Balboa viel Zeit in seinem Restaurant und hält die Gäste mit seinen Geschichten bei Laune. Als eine Computersimulation zu dem Ergebnis kommt, dass er auf dem Höhepunkt seiner Karriere den aktuellen Box-Champion Mason "The Line" Dixon besiegen würde, wird Rockys alter Ehrgeiz geweckt und er möchte wieder mit dem Boxen beginnen. Spätestens wenn Rocky wieder zu der Musik von Bill Conti trainiert, kommt das berühmte Rocky-Kribbeln in der Magengegend hoch und die Emotionen auf der Leinwand übertragen sich auf den Zuschauer und man fiebert, schwitzt und jubelt mit Rocky. Talia Shire wurde aus storytechnischen Gründen durch die hervorragende Irin Geraldine Hughes ersetzt. Sie ist die neue Frau an seiner Seite und sein menschlicher Neuanfang. Burt Young hat sich charakterlich und äußerlich in den vergangenen 16 Jahren überhaupt nicht verändert. Adrians Bruder ist immer noch ein Miesepeter und steckt voller Vorurteile, aber im Kern ist er ein guter Kerl. Seine Anspielungen auf die Realität fehlen auch wieder nicht. So sagt er in einer Szene: "Du bist doch nur sauer, weil sie deine Statue demontiert haben," und wer sich ein bisschen auskennt, weiß das die echte Statue in Philadelphia vor ein paar Jahren tatsächlich entfernt wurde. Er ist es auch, der Rocky erinnert, dass er in der Gegenwart lebt und nicht in der Vergangenheit. Milo Ventimiglia spielt den Rocky jr. sehr glaubwürdig und verleiht der Figur ein gewisses Charisma. Man kann den jungen Mann verstehen, weil er im Schatten seines berühmten Vaters steht und nicht mehr an sich glaubt. Antonio Tarver als Mason The Line" Dixon ist auch ein sehr interessanter Charakter, weil die Boxfans vor ihm den Respekt verloren haben und er wie Rocky zu seinen Wurzeln zurückkehren muss. Im sechsten Teil stehen die hervorragenden Charaktere im Vordergrund und man merkt in jeder Einstellung, mit wie viel Liebe Stallone an sein Projekt herangegangen ist. Der Kampf wurde aus Kamerawinkeln gedreht, wie sie bei einem echte Boxkampf benutzt werden. Deswegen ist die Auflösung auf der Leinwand auch nicht mehr so hoch und alles wirkt leicht verwaschen. Für den Kampf wurden extra Handschuhe angefertigt, mit denen man richtig zuschlagen konnte ohne den Gegner schwer zu verletzen. Wie einige Boxfans bestimmt wissen, war Antonia Tarver Halbschwergewichtsweltmeister und gewann 2004 gegen Roy Jones jr. durch KO. Von einem Profiboxer richtig getroffen zu werden, ist nicht gerade sehr angenehm. Dadurch das Tarver ein richtiger Boxer ist, wirkt der ganze Kampf viel realer. Natürlich darf man einen Rocky-Kampf nicht mit der Realität vergleichen, weil in einem richtigen Kampf der Ringrichter schon längst abgebrochen hätte aber diese Stehauf-Mentalität zeichnet Rocky aus und deswegen lieben wir ihn. Fazit: Sylvester Stallone hat sich wie Rocky an die Spitze zurückgekämpft. Nach vielen harten Rückschlägen, hat er es nicht nur sich, sondern auch der ganzen Welt noch einmal bewiesen. Denn wie es Rocky so schön sagt: Es geht nicht darum, wie hart du zuschlagen kannst, sondern darum, wie viele Schläge du einstecken kannst und trotzdem wieder aufstehst!" Dass ist nicht nur irgendein bedeutungsschwangerer Spruch eines alten Mannes, sondern eine Lebenseinstellung von ihm und einer ganzen Generation, die mit Rocky aufgewachsen ist. Es ist die Essenz der Rocky-Figur und der Grund, warum sie so erfolgreich ist. Der letzte Teil hat Gänsehautgarantie und sollte man am Anfang vielleicht noch skeptisch sein, wird dies spätestens nach zehn Minuten verfliegen. Im Kampf fiebert man mit Rocky mit und vergießt vielleicht die eine oder andere Träne. Rocky is back und die größte Underdoggeschichte unserer Zeit geht in die letzte Runde und meistert diese mit Bravour. Danke Mr. Stallone für diesen tollen Film...

Spiderman 3



Sam Raimi hat es nicht einfach. 2002 brachte er mit Spider-Man eine regelrechte Sensation in die Kinos. Nachdem der Film, der bis zum Zusammenbruch des Studios Carolco noch von James Cameron inszeniert werden sollte, viele Jahre in der Vorproduktionshölle geschmort hatte, waren die Erwartungen der Fans fast unbeschreiblich hoch - und das Ergebnis übertraf selbst die größten Hoffnungen.2004 schaffte er mit Spider-Man 2 das Unmögliche: er ließ den ersten Leinwandauftritt des Netzschwingers in jeder Beziehung hinter sich und lieferte erneut ein atemberaubendes Fest für alle Fans ab, sowohl die der Comicvorlage als auch die des Actionkinos an sich.Nun, 2007, hat Raimi erneut mit nahezu unerreichbaren Ansprüchen von Seiten der Fans zu tun. Nachdem bekannt wurde, dass Spidey an niemanden geringeren als Venom geraten würde, war kein Halten mehr. Wenn die Erwartungen so exorbitant sind, kann das Ergebnis eigentlich nur in einer maßlosen Enttäuschung enden. Oder..?

Unserem Lieblings-Superhelden jedenfalls geht es gut: Er bekommt sein Privatleben und seine geheime Identität als Spider-Man langsam koordiniert, ist mit seiner Traumfrau zusammen und die Leute lieben ihn.Nach einem plauschigen Stelldichein mit Mary Jane ergreift eine geheimnisvolle schwarze Substanz von seinem Kostüm Besitz und verleiht Peter ungeahnte Kräfte. Fortan ist er nicht mehr der selbe. Aggressiv, rachsüchtig, rücksichtslos, droht er all diejenigen zu verlieren, die ihm etwas bedeuten.Während er mit dem Bösen in sich selbst ringt, schicken sich gleich mehrere Superschurken an, dem Bösen in ihnen freien Lauf zu lassen.Ok, die schlechte Nachricht zuerst: Die erhoffte, erneute Steigerung blieb aus. Sam Raimi und sein Bruder Ivan, die gemeinsam das Drehbuch schrieben, wollten zu viel auf einmal. Dramatik.

Fazit: Frustrierend pathetisches Finale ohne Witz und Dramatik.

Departed


Nach Jahren hat Martin Scorsese mal wieder einen Gangsterfilm gedreht. Allein das ist Grund genug, ins Kino zu gehen. Schön, dass ihm ein besonders guter gelungen ist. Im Kern geht es um zwei Polizisten, die in Boston versuchen, ihr Leben zu meistern. Der eine, gespielt von Matt Damon, wurde von einem irischen Gangster großgezogen und arbeitet nun als dessen Spitzel bei der Polizei. Der andere, gespielt von Leonardo DiCaprio, versucht sich gegen die Vergangenheit seiner kriminellen Familie zu wehren, indem er undercover eben diesen Gangster ausspioniert. Der Gangster schließlich ist das Zentrum des Films. Er will kein Produkt seiner Umwelt sein, er will, dass sich die Umwelt ihm anpasst. Er ist Frank Costello,gespielt von Jack Nicholson. Während alle Figuren des Films realistisch bis ins letzte Detail spielen, hebt sich Nicholson völlig ab. Seine Mischung aus arrogantem Lebemann und Psychopathen lässt Costello unberechenbar und frischerscheinen. Er hat Spaß in diesem Film und scheint damit der einzige zu sein. Die bis in die Nebenrollen herausragend besetzten Figuren kennen nur den Schmerzder Welt. Die Handlung ist komplex und intelligent ineinander verwoben, kann aber letztlich doch so beschrieben werden: Guter Cop arbeitet undercover und versucht seine Werte nicht zu verraten, böser Cop hat seine Werte längst verloren und versucht das Beste draus zu machen. In einem Scorsese-Film bedeutet das: Überleben. „Godfellas“ und Casino zelebrieren Gewalt bis an die Schmerzgrenze des Publikums. The Departed zeigt Gewalt ohne aufgesetzt zu wirken. Sie ist Teil des täglichen Lebens dieser Männer, nichts daran ist besonders oder poetisch. Vielleicht ist das eine der wenigen Schwächen des Films. Er scheint fast zu geradlinig, nimmt sich kaum Pausen zur Reflektion. Einzig die Momente mit der Psychologin Madolyn (Vera Farmiga) lassen etwas Luft zum atmen. Sie versucht in der Männerwelt zurechtzukommen und gibt Damon und DiCaprio zugleich die wohlverdienten Momente der Ruhe. Denn werden die beiden nicht gerade von Nicholson getrieben, dann müssen sie immer noch mit Alec Baldwin, Mark Wahlberg, Martin Sheen und Ray Winstonefertig werden, die aus ihren Nebenrollen soviel rausholen, wie andere Darstelleres bei Hauptrollen nicht einmal können. Tatsächlich hätte jeder, der an diesem Film gearbeitet hat, einen Oscar verdient, angefangen bei den Darstellern, bis zum Rest der Crew. Allein wegen deren perfekter Arbeit sollte man sich The Departed ansehen.„Ja!“ Eine andere Antwort auf die Frage, ob man den neuen Scorsese-Film angucken sollte, gibt es nicht. Um auf einen der besten Filme dieses Jahres hinzuweisen, scheint es angebracht noch eine weitere Meinung dazu abzugeben. Da die Handlung bereits beschrieben ist, sollen hier noch einige Eindrücke der Vorstellung wiedergeben werden. Der Film beginnt, „Gimme Shelter“ von den Rolling Stones erklingt. Harmonisch arrangierte Bilder Bostons werden gezeigt, wunderschöne Einstellungen, zum Beispiel aus dunklen Häusern, auf vorbeifahrende Autos. Dann tritt Jack Nicholson langsam aus dem Schatten und der Zuschauer weiß sofort, was Sache ist. Hier wird der Bad-Guy eingeführt. Jeder Schnitt, jede Blende erscheint genauestens platziert. Musikvideoästhetik mit einer unwahrscheinlich coolen Leichtigkeit entsteht und zieht den Zuschauer in seinen Bann, während Jack in die Handlung eingeführt wird. Und dies zieht sich durch den gesamten Film. Großartige Bilder, kombiniert mit absolut passender Musik.Nachdem alle Protagonisten vorgestellt sind, folgt der Zuschauer wie gebannt der sich immer mehr zuspitzenden Handlung. Er gerät beinahe selbst in Atemnot, wenn er zusieht, wie dem Spitzel DiCaprio (die Identifikationsfigur für das Publikum) die Luft zunehmend dünner wird und er nahe am Verzweifeln ist, während er immer tiefer in den Sog von Costellos Bande gerät. Beinahe unnötig zu erwähnen scheint es, dass Jack Nicholson grandios ist. Er kann viel mehr, das weiß man bereits, doch man freut sich, ihn endlich wieder einmal in der Rolle des Bösewichts zu sehen. Und dieser ist überaus brutal, ja von psychopathischer Weltsicht. Er möchte nicht das Produkt einer Gesellschaft sein, sondern zieht es vor, die Gesellschaft zu seinem Produkt zu machen, mit allen Mitteln. Das macht ihn gefährlich. Zu den schauspielerischen Leistungen des gesamten Ensembles könnte man stundenlang referieren. Die Quintessenz ist, dass man sich kaum entscheiden kann, wem man den Nebenrollen-Oscar mehr wünscht. Da sind einerseits Martin Sheen und Mark Wahlberg, die grandios guter-Cop-böser-Cop mit DiCaprio spielen. Andererseits mimt Alec Baldwin den verschwitzten, kollerischen, stets nervösen Polizeichef so überzeugend, dass man sich über jeden noch so kleinen Auftritt freut. Und dann ist da noch Vera Farmiga! Sie spielt, ihre Rolle als Psychiaterin so zurückgenommen, sanft und federleicht, dass man sich wünscht, sie würde demnächst in hunderten neuen Filmen zu sehen sein.Auch wenn sich die Handlung des Filmes auf eine einfache Formel herunter brechen lässt, ist es die Art, wie Scorsese diese inszeniert, das Sehenswerte. Dramatisch, mit vielen Wendungen und im Wechselspiel zwischen den beiden Spitzeln entsteht ein kribbelndes Spannungsfeld. Auch wenn in „The Departed“ kein Gangster im Tobsuchtsanfall mit Telefonhören Gesichter zertrümmert, macht es Spaß, die fiesen irischen Mobster zu sehen. Ihre Akzente tragen einen großen Teil der Raubeinigkeit der Charaktere mit sich, eine ungewohnte aber sehr atmosphärische Note.Während „Casino“ Gewaltszenen en Masse zelebriert, hält sich Scorsese in seinem neuen Werk eher zurück. Hier ist es vor allem die psychologische Ebene, die die Spannung erzeugt. Wenn es dann aber zu Auseinandersetzungen kommt, sind diese gewohnt rau und mit der nötigen Härte in Szene gesetzt.„The Departed“ sticht weit über das Mittelmaß vieler Filme des Jahres heraus. Ein kleiner Wehmutstropfen fließt allerdings am Ende des Films. Ein weniger spektakulärer hätte es schon sein können. Aber im Zuge der sehr realistischen Darstellungen ist es vielleicht gerade besonders gelungen, das Ende verhalten zu gestalten.